Freitag, 6. September 2013

Chris und die Rapa Nui Surfschool auf Fuerteventura - Teil 3



„Das hatte ich mir aber leichter vorgestellt“

Die Leichtigkeit des Scheins ist eben doch nicht immer die Leichtigkeit des Seins. Surfenlernen ist anstrengend und Surflehrer sein tatsächlich auch. Eine Erkenntnis die Surfschüler und ich als angehender Surflehrer wohl teilen. Die Bordshorts locker im Wind um die Beine wehen zu lassen, dekorativ am Strand zu stehen, die Wellen und die Schüler zu checken und zwischendurch mal locker ein paar Wellen abzureiten ist vielleicht das Bild vom Surferlehrer in unserem Kopf, aber die Realität ist eine andere. Es ist eine Herausforderung aber eine durchaus großartige. Denn der Spaß- und Suchtfaktor an diesem Sport ist so groß, dass Du immer mehr willst, immer besserer werden möchtest und abends beim Einschlafen in den schönsten Wellen versinkst und Deinen Surftag weiter träumst.

Als Surfschüler kommt man manchmal vielleicht etwas blauäugig in einen Kurs und denkt sich, nach ein paar Tagen werde ich bestimmt genauso elegant über die Wellen reiten wie diese Jungs in den Werbespots oder meine Surfidole wie Julian Wilson und Kelly Slater. Am ersten Tag eines Kurses wird man aber meist ganz schnell wieder auf den Sandboden der Tatsachen zurückgeholt oder besser, mit einer kräftigen Weißwasserwalze vom Brett gespült. Was wir in den Werbespots mit diesen professionellen Surfern nämlich nicht sehen, sind ihre Stürze und die vergeblichen Versuche eine Welle anzupaddeln.

Ich erinnere mich an ein junges Mädchen in meinem Kurs, die durchaus etwas unsportlich daherkam, trotzdem motiviert bis unter die Brettspitze und die ersten beiden Tage verzweifelt damit verbrachte ein Brettgefühl zu bekommen und ihr Gleichgewicht zu finden. Sie schaffte es gerade mal kniend auf dem Brett an den Strand zu gleiten. Ich war schon ebenso verzweifelt wie sie und ich erwartete, dass sie am nächsten Tag hinschmeißt und nicht wieder kommt. Ich irrte und ihr Kampfgeist siegte. Gerade war ich damit beschäftigt ein paar Fotos unserer Surfschüler zu schießen, als sie mit einem kräftigen Satz einen perfekten Take Off hinlegte und stehend auf dem Brett landete. Mit einem überglücklichen Strahlen im Gesicht und dem puren Stolz auf den Schulten surfte sie bis an den Strand. Das Foto ist mein Lieblingsbild der letzten vier Wochen geworden.
 
Fotos sind überhaupt eine der besten Erfindung der Menschheit. Auch wenn sie mich gerade ein wenig sentimental stimmen und das Fernweh volle Kanne zuschlägt. Ich wünsche mich barfuß an den Strand zurück, denn inzwischen bin ich wieder in Deutschland und sitze in der S-Bahn auf dem Weg zur Arbeit. Die langen Hosen und festen Schuhe engen mich irgendwie ein. Mein ganzer Körper hat wohl ein wenig zu viel Freiheit in den zurückliegenden Wochen geatmet. Heute atmet er wieder Büroluft.

Für jemanden der zum ersten Mal übers Wellenreiten liest mag diese Schwärmerei befremdlich erscheinen, doch dieser Sport hat etwas magisches. Das erfährt jeder Surfschüler spätestens dann, wenn er die erste große grüne Welle genommen hat. Vielleicht bin ich so verrückt danach, weil es so ursprünglich, elementar und naturnah ist. Surfen ist eine Kombination aus Sport, Kampfgeist, Geschicklichkeit, Schnelligkeit, Körperbeherrschung, Wachheit, Meditation und jeder Menge Spaß. Das höchste der Gefühle soll der sogenannte Green Room sein, wenn sich die Welle zum Tunnel formt und man wie ein Pfeil durch sie ihn hindurchjagt. Angeblich hat man das Gefühl, dass sich Raum und Zeit dabei verändern. Ich hoffe ich finde das bald heraus.
Wer Surfen lernen will, der darf sich auf ein Kräftemessen mit sich selbst freuen, auf unbeschreibliche Glücksmomente, auf eine coole und entspannte Gemeinschaft, auf Grillabende, auf traumhafte Sonnenuntergänge am Strand und auf einen kräftigen Muskelkater.

Ich für meinen Teil habe in diesem Praktikum eine Menge gelernt und mein Entschluss steht, für eine Saison oder länger am Strand zu arbeiten. Vor allem aber habe ich Respekt vor der Professionalität der Rapa Nui Crew, die jeden Tag erneut dafür sorgt, dass Surfschüler ihren Kurs erfolgreich und mit viel Spaß absolvieren. Steigt einfach mal aus aus der normalen Welt und erlebt ein wahres Stückchen Leben, das Meer lädt Eure verbrauchten Batterien wieder auf. Euer Surfbrett liegt schon im Sand bereit. Keep on Surfing und folgt Eurer Leidenschaft, welcher Art auch immer, denn das ist der richtige Schlüssel zum Glück.

Folge deiner Leidenschaft,


Chris und das Rapa Nui Surf Team